Lauinger reagiert auf Kritik von CDU-Nachwuchs mit Hausverbot
27. Juni 2017 / 10:08 Uhr
Erfurt. Freie Fahrt für Einser-Schüler: Wer eine „Eins“ oder ein „Sehr gut“ auf dem Zeugnis hatte, der konnte gestern in Mitteldeutschland kostenfrei Bahn fahren. Dieter Lauinger(Grüne), der Thüringer Justizminister, schaffte das nicht. Zumindest dann nicht, wenn man als Grundlage das Zeugnis hernimmt, welches er am Freitag von der Schülerunion, also dem ganz jungen Thüringer CDU-Nachwuchs, erhalten hat.
Dort hagelte es Kritik am wegen der sogenannten Sohnemann-Affäre schwer angeschlagenen Ressortchef. Fünf Kategorien finden sich auf dem Papier: „Amtsmissbrauch – ausreichend; Lesen der Gesetze – mangelhaft; Moral – ungenügend; Neutralität im Amt – ungenügend; Vetternwirtschaft – befriedigend“ heißt es da. Fazit der Schülerunion: „Nicht versetzt. BLF nicht bestanden.“
Lauinger-Sprecher: Minister schon im Urlaub
Die BLF ist die „Besondere Leistungsfeststellung“. Die muss jeder Schüler am Ende der zehnten Klasse des Gymnasiums absolvieren. Sie gilt als ein Abschluss, der dem Realschulabschluss gleichwertig sein soll.
Diese BLF hatte Lauinger seinem Sohn ersparen wollen, weil der sich im Ausland aufhielt. Daraus entwickelte sich eine handfeste Affäre, in der auch Bildungsministerin Birgit Klaubert und Staatskanzlei-Chef Benjamin Hoff (beide Linke) eine Rolle spielten. Die CDU, also die Mutterpartei der Schülerunion, erwirkte die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses.
Am Freitag nun sollte Lauinger sein Zeugnis von drei Vertretern der Schülerunion erhalten. Auf deren Facebook-Seite sieht man ein Video , in dem Lauinger direkt damit konfrontiert wird und in dem er nicht sonderlich aufgeschlossen daherkommt. Die Schüler sollen auch ein Hausverbot erhalten haben, was aus dem Justizministerium allerdings auf Nachfrage weder bestätigt noch dementiert wurde.
Auf Anfrage unserer Zeitung erklärte ein Sprecher des Ministers dazu gestern: „Leider kann ich zu dem Sachverhalt gar nichts sagen. Der Minister ist im Urlaub.“
Für den CDU-Landesvorsitzenden Mike Mohring steht indes fest: „Der Minister der Justiz handelt unsouverän, wenn er politisches Engagement von Schülern mit Hausverbot quittiert. Tatsächlich ein Armutszeugnis“, nimmt Mohring den Ball des Schülerunion-Vorsitzenden Julian Degner auf. Der hatte im Video kommentiert: „Ein Arbeitszeugnis für Dieter Lauinger. Ein Armutszeugnis für Rot-Rot-Grün.“
Ministerpräsident diskutiert mit
Statt Lauinger mischt sich allerdings ein anderer hochrangiger Thüringer Politiker in die Zeugnisdiskussion ein: Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), der stets betont, er sei in den sozialen Netzwerken ganz privat unterwegs, hat sich auf Facebook dazu geäußert. Er wirft der Schülerunion vor, bereits die Ergebnisse des von ihrer Mutterpartei erwirkten Untersuchungsausschusses vorwegzunehmen: „So, so – die Schüler Union praktiziert wohl ‚überholen ohne einzuholen‘. Im Landtag hat die Fraktion der Mutterpartei einen Untersuchungsausschuss etabliert, und die Schüler Union liefert schon die Ergebnisse.“